Architektur im Mittelpunkt der Nachhaltigkeit.
Nachhaltigkeit als Prinzip für Unternehmenskultur.
Allerdings existieren, wenn man so will, zwei Nachhaltigkeiten. Es gibt, spätestens seit der Klimakrise, eine – partikuläre – Auffassung, die das Wort als ökologische Forderung an die Architektur verwendet, Treibhausgas-Emissionen, Energie- und Ressourcenverbrauch, Flächenfraß, Müllaufkommen etc. auf das Kleinstmögliche zu reduzieren. Daneben steht eine uralte Auffassung von Architektur, die deren Qualität danach beurteilt, ob und wie gut alle ihre Aspekte zusammenspielen. Schon Vitruv zufolge hing die Qualität von Architektur nicht nur von drei Hauptprinzipien ab – Firmitas (Festigkeit), Utilitas (Nützlichkeit) und Venustas (Schönheit) –, sondern ebenso von ihrer ausbalancierten Gewichtung.
Das kommt unserer – holistischen – Idee von Nachhaltigkeit nahe. Hier wird das Wort als Forderung an die Architektur verwendet, soziale, ökonomische und ökologische Faktoren gleichermaßen zu berücksichtigen und angemessen in Beziehung zueinander zu setzen. Traditionelle vitruvianische Haltungen erkannten immer das hochsynergetische Wesen der Architektur. Das Sich-Bedingen z.B. von sozialer, funktionaler ästhetischer Güte; effizienter, sparsamer Konstruktion sowie ästhetischen und umweltbezogenen Faktoren – Interdependenzen, die den aktuellen Nachhaltigkeitsdiskurs beherrschen – war ihnen längst selbstverständlich und implizit.
Solche Haltungen repräsentieren und erzeugen die immanente Fähigkeit von (guter) Architektur, ihre Einzelaspekte so gut zu synthetisieren und zu integrieren, dass gleichsam „automatisch“ ein Höchstmaß an Resilienz und Suffizienz entsteht. Früher – „vor“ der Nachhaltigkeit, als Ressourcen knapp waren und daher nicht verschwendet werden konnten – war es gewissermaßen unmöglich, nicht nachhaltig zu bauen: Es gab keine andere Wahl.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum wir den Begriff „Nachhaltigkeit“ über alle anderen architektonischen Aspekte stellen: weil wir ihn als Wort für die Güte der Gesamtheit aller Aspekte guter Architektur verwenden, als Gradmesser für ihr Zusammenspiel und für ihre Kohärenz. Warum aber nun dieses ökologisch konnotierte Wort und nicht beispielsweise einen anderen systemischen, übergeordneten Begriff – wie „Qualität“ zum Beispiel?
Weil es heute ein sehr berechtigtes Anliegen ist, Architektur im Hinblick auf ihre ökologischen Faktoren zu bewerten, und weil wir die Wichtigkeit und die Dominanz des Worts „Nachhaltigkeit“ in diesem Zusammenhang weder leugnen können noch wollen. Deshalb meinen wir mit dem Begriff auch seine spezifisch ökologisch orientierte Bedeutung.
Die Kriterien, die im Folgenden den Anspruch unserer Architektur erläutern, stehen also gleichzeitig neben der Nachhaltigkeit (im ökologischen Sinn) und unter der Nachhaltigkeit (im holistischen Sinn). Nachhaltigkeit ist gleichzeitig ein Kriterium und das Kriterium.
Wenn sich die Vorstellung davon ändert, wie die Architektur dem Menschen dient, dann steht der Mensch, wenn er im Mittelpunkt von Architektur steht, auch nicht immer an derselben Stelle. Wo steht er? Wo soll er stehen?
Der Mittelpunkt der Architektur – die Position des Menschen – liegt nie an derselben Stelle. Ihn immer wieder neu zu finden, ist das primäre Ziel unseres Entwurfsprozesses. Das erste, ideelle Werkzeug, das caspar. für die Positionsbestimmung nutzt, nennen wir „Maßstab Mensch“. Die Art und Weise, wie wir dieses Werkzeug benutzen, ist prozessualer, suchender, kollaborativer Natur.
Unsere Entwürfe entstehen im Dialog und durch die Auseinandersetzung, einerseits, mit dem Ort, der Aufgabe und den Ideen, die wir einem Ort einhauchen wollen. Zugleich finden viele Dialoge mit und zwischen diverser Einzelinteressen statt, z.B. von Bauherren, Nutzer:innen, Fachplaner:innen, Verwaltung, Politik und, natürlich, der Öffentlichkeit und Gesellschaft per se. Bei uns steht der Mensch also bereits im Mittelpunkt der Architektur, während sie noch entworfen wird. Aber das Maß aller Dinge ist er nicht. Solange sie als solche erkennbar und sich treu bleiben, dürfen – oder gar sollen – unsere Konzepte daher „im Änderungsmodus“ entstehen.
Den Menschen in den Mittelpunkt der Architektur zu stellen, ist eine Voraussetzung für Nachhaltiges Bauen. Heute ist dieser Satz weniger banal, als er scheint: Ausschließlich die Nachhaltigkeit im rein ökologischen Sinn in den Mittelpunkt zu stellen und damit zu riskieren, sie gewissermaßen vom Menschen, von den Nutzer:innen – mithin von Sinn und Zweck der Architektur selbst! – zu trennen, halten wir für ein Missverständnis. Im Gegenteil: Je stärker sich die Gesellschaft mit ihren Gebäuden verbindet und verbündet, desto größer wird ihr Respekt vor der gebauten Umwelt sein, und desto mehr wird sie für deren Beständigkeit sorgen.
Daher soll unsere Architektur:
- Identität produzieren:
als kulturellen, sozialen Wert aus sich selbst heraus und/oder durch Harmonie mit städtebaulichen Kontexten sowie, im Bestandserhalt,
als historische, immaterielle, „goldene“ Energie. - intelligent sein im Sinne konzeptueller Transparenz, die die Beziehung zwischen theoretischem Rahmen und praktischen Möglichkeiten architektonisch gestaltet.
- funktional sein im Sinne einer selbstverständlichen, umfassenden, flexiblen und zukunftsfähigen Nutzbarkeit.
- Schönheit in Form, Haptik und Konstruktion verkörpern und auf diese Weise zu einem ästhetischen und sinnlichen Erleben von Gestaltung führen.
- einen Mehrwert nicht nur für ihre einzelnen Nutzer:innen, also für den Menschen haben, sondern auch für ihre soziale Umgebung sowie für die Gesellschaft im Ganzen, also für die Menschen.
- Emotion erzeugen, verkörpern, verbreiten – durch die Totalität ihrer Eigenschaften.
Warum soll die Nachhaltigkeit nicht, neben dem Nutzer, ebenfalls im Mittelpunkt unserer Architektur stehen? Weil die Nachhaltigkeit – zumindest nach unseren heutigen „westlichen“ Maßstäben – vom Menschen ausgeht und nicht umgekehrt. Gleichzeitig ist sie viel größer und mehr als Architektur. Diese muss sich nach jener richten und nicht umgekehrt. Architektur in den Mittelpunkt der Nachhaltigkeit zu stellen, heißt, deren Bedingungen und Kontexte zu verhandeln und entsprechend zu handeln. Zum Beispiel darf Nachhaltigkeit nicht nur mit harter Empirie in Verbindung gebracht werden. CO2-Emissionen, Abfall oder Ressourcenverbrauch sind quantifizierbar, und heute gelten ökologische Faktoren in der Tat als die wichtigsten des Nachhaltigen Bauens. Es sind aber nicht die einzigen. Die zwei wesentlichen anderen sind soziale und ökonomische; ohne ihre Berücksichtigung kann es kein wirklich Nachhaltiges Bauen geben. Diese drei Faktoren bilden das Nachhaltigkeitsdreieck.
Unser architektonisches Leitbild stellt die Architektur in den Mittelpunkt des Nachhaltigkeitsdreiecks: Soziale, ökonomische und ökologische Faktoren müssen aus unserer Sicht bestmöglich ausbalanciert sein.
Das heißt nicht, dass wir immer dasselbe konstruieren. Jede Bauaufgabe ist anders, weil sich die sozialen, ökonomischen und ökologischen Parameter stets anders darstellen. Beim Entwerfen muss aus dem Nachhaltigkeitsdreieck also ein Nachhaltigkeitsdreieck werden, das zwangsläufig immer anders und doch so gleichseitig wie möglich aussehen muss. Den Mittelpunkt des Nachhaltigkeitsdreiecks – die Position der Architektur – immer wieder (neu) zu finden, ist das primäre Ziel unseres Entwurfsprozess.
Unsere Architektur soll:
- das zukunftsfähige Ergebnis der Verhandlung zwischen Tradition und Moderne nicht nur in ästhetischer Hinsicht sein, sondern auch in der Methodik: Im Entwurf sollen alle Vorteile der Digitalisierung und alle Vorteile von altbewährten Bauprinzipien und -materialien zusammenkommen.
- in Bau, Betrieb, Rückbau und Wiederverwendung so wenig CO2-Emissionen wie möglich verursachen, doch dafür so viele Abwägungen wie nötig vornehmen.
- kein Carbon Based Design sein, sondern Sustainability Based Design.
Das Prinzip vom „Maßstab Mensch“ prägt auch unsere Unternehmenskultur. Nachhaltigkeit bei caspar. beginnt und endet mit der Bürogemeinschaft. Indem wir den „Maßstab Mensch“ an Qualität und Charakter unserer Bürogemeinschaft anlegen, stellen wir die Interessen unserer Mitarbeiter:innen – als Individuum und Gruppe sowie als Mensch und Arbeitnehmer:in – in den Mittelpunkt, ohne sie zum Maß aller Dinge zu machen.
Unsere Unternehmenskultur soll:
- die Mitarbeiter:innen in ihrem Selbstbewusstsein, ihrer Identität und Diversität, ihrer Vielseitigkeit, ihren Partizipationsmöglichkeiten und ihrer Persönlichkeitsentwicklung respektieren und fördern.
- die Mitarbeiter:innen u.a. durch stete kritische Auseinandersetzung mit uns selbst und unserer Arbeit fordern; im Sinne einer „positiven Unzufriedenheit“, die sie nie stehenbleiben, sondern ihre Ansprüche – und sie selbst! – immer wachsen lässt.
- durch das Prinzip von Fördern und Fordern eine stete, gemeinschaftliche Qualitätssteigerung unserer Methodik und Architektur gewährleisten.
- alle Mitarbeiter:innen motivieren, leidenschaftlich im Sinne einer prosperierenden Bürogemeinschaft gleichermaßen zu arbeiten.
- den sorgsamen, schonenden Umgang mit der wichtigsten aller Ressourcen zur Priorität machen: unseren Mitarbeiter:innen.
- dafür Sorge tragen, dass sich das Unternehmen mit seinen Mitarbeiter:innen identifiziert – und umgekehrt („#wirsindcaspar.“)