KarLa – Lautenschlager Straße
Stadtbaustein mit grünem Herz
  • Ort
    Stuttgart
  • Objekt
    Neubau eines Mixed-Use-Gebäudes
  • Verfahren
    Wettbewerb, 2022, 1. Preis
  • Bauherrin
    Stuttgarter Lebensversicherung a.G.
  • Entwurfsverfasser
    Caspar Schmitz-Morkramer
  • Projektentwickler
    Blue Estate, Stuttgart
  • TGA
    HPG Schlienz, Filderstadt
  • Tragwerksplanung
    Boll Partner für Tragwerke, Stuttgart
  • Brandschutz
    Endreß Brandschutz, Bad Homburg
  • Landschaftsplanung
    studio grüngrau, Düsseldorf
  • Fassadenplanung
    Fassadenberater Schiller, Kornwestheim
  • Bauphysik
    GN-Bauphysik, Stuttgart
  • Vermesser
    Hemminger Ingenieurbüro, Esslingen
  • Verkehrsplanung
    Karajan Ingenieure, Stuttgart
  • Zertifizierer
    IBAK
  • Planungs- und Bauzeit
    2022–
  • Leistungsphasen
    1–5
  • Brutto-Grundfläche (oi/ui)
    27.732 m²/14.891 m²
  • Visualisierung
    bloomimages

Im Zentrum von Stuttgart – im lebendigen Areal zwischen Hauptbahnhof, Schloss und Universität – gilt es den zentralen Bereich eines dreieckigen, tortenstückförmigen Blocks städtebaulich neu zu strukturieren. Dabei sollen die beiden Blockränder zwischen Friedrichstraße und Lautenschlagerstraße (die „Schenkel“) mit hochfunktionalen, flexibel nutzbaren und gestalterisch anspruchsvollen Neubauten besetzt werden. Das gemischt genutzte Quartier, das bis Anfang 2029 entstehen soll, ist nach dem ehemaligen Oberbürgermeister Karl Lautenschlager benannt, der auch der Lautenschlagerstraße ihren Namen gab. Die Gesamtnutzfläche des Projekts beträgt ca. 36.000 Quadratmeter, davon entfallen ungefähr 19.000 auf gewerbliche Nutzung.

In dem von der Stuttgarter Lebensversicherung als Bauherrin durchgeführten Gutachterverfahren konnten wir gemeinsam mit dem Projektentwickler Blue Estate und unserem nachhaltigen Konzept für KarLa überzeugen. Dessen markante, teils begrünte Fassaden erzeugen ein angenehmes Klima zum Wohnen und Arbeiten in der Stadt. Auf jeder Seite spricht eine Passage mit sanftem Rückschwung eine freundliche Einladung in den öffentlich zugänglichen grünen Innenhof aus. Die neuen sechsgeschossigen Baukörper nehmen Höhen und Fluchten der modernen und historischen Nachbarbebauung auf.

Städtebau in action: Schließen und Öffnen zugleich

Die wohl wichtigste transformatorische und bildnerische Komponente des Projekts besteht in der „Quadratur des Dreiecks“: Innerhalb des Dreiecks entstehen nämlich zwei Querriegel, die sich an den neu geschlossenen Blockrändern – Lautenschlagerstraße an der östlichen Seite, Friedrichstraße an der westlichen – in Nord-Süd-Ausrichtung orientieren. Damit entsteht eine starke vierseitige Figur mit einem zentralen, großzügig dimensionierten Hof – und damit konnte man den Vorgaben der Bauherrin, ein schlüssiges und umfassendes Mixed-Use-Concept vorzulegen, mehr als gerecht werden. Denn die daraus entstehende Hof-Situation erlaubt nicht nur die Unterbringung vieler Funktionen, sondern auch, tatsächlich!, ihre Trennung! Die Querriegel ermöglichen es zum Beispiel, das 24 Einheiten umfassende Wohngebäude genau das und nur das sein zu lassen und ihm darüber hinaus einen eigenen Innenhof zu bescheren. Doch von Mono-Funktionalität spricht bei einer Struktur, die neben Wohnen auch noch Handel, Büro, Frei- und Grünraum, Gastronomie, Hotel, und Mobility ermöglichen kann, niemand.

Wovon man durchaus sprechen kann, einerseits, ist eine „Verriegelung“ im ganz positiven Sinne – schließlich entsteht ein geschlossener, geschützter, ruhiger städtischer Raum; mithin ein eigenes Kleinquartier. Andererseits ist KarLa eine große Entrieglerin, Öffnerin und Vermittlerin. Lautenschlagerstraße und Friedrichstraße sind in diesem Stadtraum zum ersten Mal wirklich gut miteinander verknüpft. Grüne Verbindung: Eine intensive Fassadenbegrünung im Hof und in seinen Durch- bzw. Ein- bzw. Ausgängen – die sechs Meter lichte Höhe auf jeder Seite aufweisen – schafft eine buchstäblich organische Passage zwischen Innen, Außen und den beiden „Schenkel“-Straßen. Lebendiger Sockel: Entscheidend gestärkt wird die Durchwegung durch die gezielte Aktivierung der Fußgängerebene, mit Gastronomie- und Einzelhandels-Attraktionen zum Innenhof, dem Schmuckstück, der mit umlaufender Begrünung und Baumbepflanzung in der Mitte eine Art Waldlichtung mitten im Zentrum Stuttgarts kreiert.

Die Büroräume in den Obergeschossen werden straßenseitig jeweils über repräsentative Lobbys erschlossen, möglich ist der Eintritt ebenso über den Hof. Die ringförmig organisierten Grundrisse der 26 Büroeinheiten lassen sich den jeweiligen Ansprüchen der Nutzer:innen entsprechend flexibel einteilen und einrichten.

Nachhaltigkeit

Städtebauliche Projekte dieser Dimension müssen sich heute auch und vor allem als nachhaltige bewähren. KarLa ist auch in dieser Hinsicht multifunktional, indem sie, wie es bei nachhaltiger Planung immer sein muss, synergetisch agiert und Biodiversität, Retentionsflächen, Stadtkühlung, CO2-Reduktion, Verkehrswende und Energieeinsparung zusammendenkt und -führt.

Es stimmt, dass Tiefbau stets besonders viel Energie und also auch viel CO2 verbraucht. Es stimmt ferner, dass KarLa gleich zwei Untergeschosse für 120 PKWs (Anfahrt über Friedrichstraße) und 300 Fahrräder in Anspruch nimmt (Anfahrt über Lautenschlagerstraße). Es stimmt aber auch, dass damit ein wirksamer Beitrag zur Verkehrswende geleistet wird. Es stimmt vor allem, dass insgesamt drei Untergeschosse zum Bestand gehören und dass das unterste aber nicht – wie es durchaus möglich gewesen wäre! – zur weiteren Aufwertung der Anlage adaptiert, sondern stattdessen mit Abrissbeton aufgefüllt wird, was für ein starkes Fundament sorgt, weiteren Erdaushub verhindert und das Grundwasser schützt.

Das Dach beherbergt einerseits viele PV-Module mit erheblichem Energieertrag, andererseits dient es – als eine Art Dachlandschaft – als Erholungs-, Retentions-, Stadtkühlungs- sowie biodiversitätsfreundliche Fläche.

 

Projektteam
  • Harald Bender
  • Thomas Maximini
  • Arzu Bastug-Bilgin
  • Ilianna Dalgkali
  • Stefanie Deppe
  • Louisa Charlotte D`Ooghe
  • Mareike de Boer
  • Ayse Elmas
  • Carina Seckler
  • Hyongyong Song
  • Angeline Ziegler